Gedichte

Veröffentlicht am: Montag, 29. Oktober 2007 von Redaktion in: Allgemein, Gedichte

Als sie sich 8 Jahre kannten
(man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie anderen Leuten Stock und Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse als ob nichts sei.
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken. –
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.

( Erich Kästner )

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Liebeslied

Wie soll ich meine Seele halten,
daß sie nicht an deine rührt?
Wie soll ich sie hinheben
über dich
zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie
bei irgendwas Verlorenem
im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle,
die nicht weiterschwingt,
wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles,
was uns anrührt,
dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
Oh – süßes Lied …

(Rainer Maria Rilke)

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GLEICH UND GLEICH
Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
In lieblichem Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte fein –
Die müssen wohl beide
Für einander sein.

(Johann Wolfgang von Goethe)