Geschichten über Liebesehen in Königshäusern sind groß in Mode

Veröffentlicht am: Dienstag, 10. August 2010 von Dorothea F. Voigtlaender in: Allgemein

Weil Königin Victoria von England ein weißes Hochzeitskleid trug, wurde es seitdem populär – Englische Königinnen in Bonn

Königin Victoria und ihr Prinz Albert heirateten am 10. Februar 1840, und das weiße Hochzeitskleid machte Furore. © Gemälde von Sir George Hayter. Wikipedia (gemeinfrei)

© Gemälde von Sir George Hayter. Wikipedia (gemeinfrei)

Es soll in einem der ältesten Biergärten Bonns gewesen sein, am Rhein natürlich, wo sonst, im Schaumburger Hof, der damals noch „Unter den Linden“ genannt wurde, als es zwischen der englischen Königin Victoria und Prinz Albert von Coburg Gotha „gefunkt“ hatte. Also Liebe auf den ersten Blick, oder wie es im französischen heißt: le Coup de foudre! Ach ja? Es war im Jahre 1839, da studierte der Prinz an der Bonner Universität und verbrachte seine studentische Freizeit in diesem Biergarten, der schon 1755 gegründet worden war.

Und genau hier traf er auf die Königin, die eine Rheinreise machte. Wirklich? Das war damals sehr modern, der Rhein und die Rheinlandschaft waren bei den Engländern überaus beliebt. Victoria (1819-1901) war seit zwei Jahren, seit 1837, Königin von Großbrittanien, blutjung und sehr hübsch und  überaus verliebt in ihren Cousin Albert. Und schon ein Jahr später fand die Hochzeit am 10. Februar 1840 statt.

Doch halt, das stimmt so nicht ganz, zwar wird nach wie vor mit Überzeugung behauptet, dass sich das Paar hier im Bonner Biergarten zum ersten Mal getroffen und kennen gelernt habe, doch da gibt es gesicherte Tagebucheintragungen einer verliebten jungen Königin einige Zeit davor. Kennengelernt hat sich das Paar 1836 bei einem Besuch Alberts in Großbritannien, und er verliebte sich in die hübsche 17-Jährige Victoria. Obwohl die Ehe von beider Onkel, König Leopold I. von Belgien arrangiert war, kam nun die große Liebe ins Spiel. So schrieb die 17-Jährige in ihr Tagebuch, dass sie „bezaubert“ bewesen sei von Albert, ihrem Cousin mütterlicherseits, jenem Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, den zweiten Sohn des Herzogs Ernst I. und Louise von Sachsen-Coburg-Altenburg. Und weiter schrieb Victoria von der „Aussicht großen Glücks“. Am 10. Oktober 1839 kam Albert erneut auf die große Insel, und schon vier Tage später hielt Victoria um Alberts Hand an, schließlich war sie die Wortführerin – weil Königin.

Prince Albert

Diese schöne Königin Victoria wurde so 1845 von Alexander Melville gemalt; Prinz Albert 1842 von Franz Xaver Winterhalter. © Wikipedia (gemeinfrei)

Sie verlobten sich, obwohl die breite Öffentlichkeit davon nicht begeistert war, dass eine britische Königin sich mit einem unbedeutenden deutschen Prinzen verlobt hatte. Doch die Liebe siegte. Und irgendwann in dieser Zeit muss das Paar sich bei einer Rheinreise in der Gaststätte „Unter den Linden“, heute Schaumburger Hof im damaligen Biergarten ausgeruht haben. Von einem ersten Treffen jedenfalls ist keine Rede. Dennoch will man in Bonn-Bad Godesberg auf diese Liebesgeschichte vor Ort nicht verzichten.

Der beliebte Zwischenstopp am Rhein fand hier statt und damit basta! Nur wenige Monate später, am 10. Mai 1840 gaben sich die sehr Verliebten das Ja-Wort. Und bei dieser Hochzeit trug Victoria ein weißes Kleid, Vorbild für viele Hochzeiten danach in aller Welt, weil dadurch das weiße Brautkleid populär wurde. 300 geladene Gäste verfolgten gerührt bei strömendem Regen in und vor der Kapelle des St. James’s Palastes diese Hochzeit in London. Atemlos betrachteten sie das wunderbare weiße Hochzeitskleid: Ein schulterfreies Satin-Kleid mit enger Corsage und weit ausladenem Rock.

Victoria Melville

Diese schöne Königin Victoria wurde so 1845 von Alexander Melville gemalt; Prinz Albert 1842 von Franz Xaver Winterhalter. © Wikipedia (gemeinfrei)

In den ersten fünf Jahren bekam das Paar fünf Kinder. Es sollten schließlich neun Kinder werden. Am Ende ihres Lebens hatte die Königin 40 Enkel und 88 Urenkel, die alle entweder ihren Namen oder den von Albert tragen sollten. Heute sind fast alle Adelshäuser mit diesem Paar verwandt.

Doch es gab einen schlimmen Wermutstropfen in dieser so glücklichen Ehe, die nur 21 Jahre dauern sollte, weil Albert im Alter von 42 Jahren wahrscheinlich an Krebs, man weiß es heute nicht genau, verstarb. Noch heute ist nachzulesen, wie sehr Victoria ihren Ehemann geliebt hat, wie in einem Brief an ihre älteste Tochter vom 9. Juni 1858 nachzulesen ist: „Ich kann nie glauben oder zugeben, dass irgendein anderer Mensch vom Schicksal so gesegnet worden ist wie ich, mit einem solchen Mann, einem solch vollkommenen Mann, Papa war er für mich alles, ist es auch heute noch . (…) er war für mich alles, mein Vater, mein Beschützer, mein Führer, mein Ratgeber in allen Dingen, ich möchte fast sagen, er war mir Mutter und Mann zugleich (…) Ich bin wie gelähmt, wenn er nicht bei mir ist.“

Doch in Bonn war Königin Victoria tatsächlich, das ist unumstritten, denn anlässlich des 75. Geburtstages von Beethoven im August 1845 wurde in Anwesenheit von Königin Victoria das Beethovendenkmal auf dem Münsterplatz eingeweiht. Allerdings gibt es hier wieder eine historische Ungereimtheit, denn als das große Tuch von der Statue Beethovens gezogen worden war, soll Victoria auf dem Balkon des Palais Fürstenburg (heute Hauptpost) gesagt haben: „Ei, er kehrt uns ja den Rücken“, worauf Herr von Humboldt, der neben ihr stand, trocken bemerkt haben soll: „Ja, er ist auch im Leben immer ein grober Kerl gewesen“. Nun wird dieser Ausruf auch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, der neben der Königin stand, in den Mund gelegt. Wer weiß?

Und noch einmal hat eine englische Königin mit Beethoven auf dem Münsterplatz zu tun: Als das Denkmal wegen des Baus der Tiefgarage unter dem Münsterplatz abgebaut werden musste, fand dann, nachdem die Arbeiten beendet worden waren, 1978 eine zweite Enthüllung statt. Diesmal war die englische Königin Elisabeth II. in Bonn vor Ort.